Ein Kreuz im Starnberger See und das ewige Rätsel

Er war ein menschenscheuer Träumer, der einst von sich selbst sagte „Ein ewig Rätsel will ich bleiben, mir und Anderen“. Schon zu seinen Lebzeiten ein Mythos, lehnte er Kriege und die Jagd ab, begeisterte sich aber für die Musikdramen von Richard Wagner und ließ Schlösser bauen, die nie ein Fremder betreten sollte.

Der bayrische König Ludwig II. starb am 13. Juni 1886 im Starnberger See und dreißig Jahre später wurde an dieser Stelle von „Königstreuen“ ein gusseisernes Kreuz errichtet, zu dem bis heute viele Besucher pilgern, um sich an den „Märchenkönig“ zu erinnern.

Bei einem unserer alljährlichen Kurzurlaube am Starnberger See nutzten wir den Aufenthalt im Hotel „Schloss Berg“, um in wenigen Gehminuten durch den zugänglichen Teil des Schlossparks im Wald die Gedenkstätte zu besuchen.

Oberhalb des Gedenkkreuzes war zehn Jahre nach dem Tod von König Ludwig II. die Votiv-Kapelle errichtet worden. Prinzregent Luitpold hatte den Bau der Gedächtniskirche veranlasst, nachdem zuvor nur eine von der Mutter Königin Marie errichtete gotische Totenleuchte an den beim bayerischen Volk beliebten König erinnerte. An der im frühromanischen Stil erbauten Gedächtniskirche beginnt der 130 Kilometer lange Fernwanderweg „König Ludwig Weg“, dem wir bei unseren Besuchen am Starnberger See auf mehreren Abschnitten folgten.

Einblicke in die „monarchisch-poetische Einsamkeit“ von König Ludwig II. erhält man beim Besuch seiner prachtvollen Schlösser Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee, die weltweite Bekanntheit genießen.

 

Malerisch in der bayerischen Bergwelt

Das bekannteste der Königsschlösser ist ohne Zweifel „Neuschwanstein“, dass den Inbegriff eines Märchenschlosses darstellt und zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands gehört. Schloss Herrenchiemsee liegt auf der Herreninsel mitten im Chiemsee und wurde nach dem französischen Vorbild in Versailles erbaut. Das Lieblingsschloss des Märchenkönigs war Schloss Linderhof, das sich malerisch in die bayerische Bergwelt einfügt.

Wir haben uns vorgenommen, jedes Jahr eines der wunderschönen Schlösser und Gartenanlagen zu besichtigen. Schloss Neuschwanstein haben wir uns nur im Außenbereich angesehen, da uns der Andrang der unzähligen asiatischen Touristen zu diesem Zeitpunkt zu viel war – wir kommen noch einmal zu einem anderen Zeitpunkt darauf zurück.

Wir bewunderten dafür den Schlossbau von Linderhof, der mit reicher Goldverzierung prachtvoll ausgestattet ist. Zum Pflichtprogramm gehört die Innenbesichtigung des Schlosses, aber auch der Neptunbrunnen und die bis zu 25 Meter hohe Fontäne, die alle halbe Stunde die Besucher erfreut. Im Außenbereich lohnte sich der Spaziergang durch die Gartenanlage, auch ohne den Besuch der künstlichen Tropfsteinhöhle „Venusgrotte“, die zurzeit aufwendig renoviert wird. Besonders genossen haben wir die Ruhe der weitläufigen Anlage und besonders sehenswert ist dabei auch die Vereinigung eines französischen Barockgartens mit Elementen eines englischen Landschaftsgartens. Orientalische Einflüsse lassen sich im marokkanischen Haus und im maurischen Kiosk erkennen. Dazu überraschen im Schlosspark auch die errichteten Bühnenbilder „Hundinghütte“ und „Einsiedelei“, die auf die Begeisterung Ludwigs für die Dramen von Richard Wagner zurückgehen.

 

„Möwe“ und „Adler“ auf der Roseninsel

„Der Möve Gruß vom fernen Strand, zu Adlers Horst den Weg wohl fand“, beginnt ein Gedicht von Ludwig II., dass er als Antwort auf den „Gruß von der Nordsee“ schrieb, den er von Kaiserin Elisabeth im März 1885 erhalten hatte. „Sissi“ bezeichnete sich in ihren Gedichten als „Möwe“ und Ludwig II. als „Adler“, die sich häufig auf der Roseninsel im Starnberger See trafen. Alljährlich im Juni blühen und duften dort die Rosen und es war der Lieblingsplatz von Kaiserin Elisabeth, wenn sie ihre Familie in Possenhofen besuchte.

Der Bayernkönig hatte die Roseninsel 1865 gekauft und nutzte sie als Rückzugsort, wenn er sich in Schloss Berg am Starnberger See aufhielt. Mit Ausnahme von einem spektakulären Seefest für die Zarin von Russland lud der König nur ihm nahestehende Menschen auf die Roseninsel ein.

Wir folgten den Spuren von „Möwe“ und „Adler“ in ihrem kleinen Paradies, das wir mit einer kleinen Holzfähre erreichten, nachdem der Fährmann mit Hilfe einer Glocke gerufen wurde. Die Überfahrt nutzt der Fährmann, um seinen Gästen einen kurzen Überblick über die Roseninsel und deren Geschichte zu geben.

Die nur 2,56 Hektar große Roseninsel mit den idyllischen Garten- und Parkanlagen ist für Tagesbesucher konzipiert und kann auf gut gepflegten Wegen problemlos zu Fuß umrundet werden. Zu den Hauptattraktionen gehören neben dem Rosengarten, ein Casino und ein Gärtnerhaus, sowie die Reste der prähistorischen Pfahlbauten, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehören.

Wir waren im Juli und September am Starnberger See, aber leider nicht zur vollen Rosenblüte. Deshalb heißt es für uns im nächsten Jahr: Besuch der Roseninsel im Juni. Dann wollen wir den sagenhaften Duft der Rosen genießen und uns dabei  an „Möwe“ und „Adler“ erinnern.

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