Einst waren es die Reisen in ferne Länder, die mich begeisterten. Doch mit zunehmendem Alter wuchs die Lust, mehr über Deutschland als Reiseland zu erfahren.
Ausgerechnet die Zeit der Corona-Krise war es dann, in der ich mich erstmals mit Deutschlands ältesten, bekanntesten und beliebtesten Höhenwanderweg, dem Rennsteig im Thüringer Wald befasste. Wir, Erika und ich, wollten „mit Abstand gute Urlauber“ sein und entschieden uns dafür, ein paar erholsame Tage im wildromantischen Lubenbachtal zu verbringen. Ausgangspunkt unserer ersten Rennsteigwanderungen war das Hotel „Waldmühle“ bei Zella-Mehlis. Das familiär geführte Hotel mit einer über 100-jährigen Tradition überzeugte uns nicht nur durch seine schöne Lage an einem rauschenden Wildbach, dem Lubenbach, sondern auch mit großzügigen Außenanlagen und einem ausgezeichneten Restaurant. Da konnten wir mit den „Kloßpommes“ einen echten Geheimtipp genießen.
Ein verlassener Bahnhof und ein märchenhafter See
Aber wir sind zum Wandern gekommen und waren ehrgeizig. Eine Wanderung zum Rennsteiggarten am Rondell bei Oberhof war unser erstes Ziel. Gemütliche sieben Kilometer einfach sollten es werden und zu Beginn ging es sanft aufwärts durch das Lubenbachtal. Wir kamen vorbei am technischen Museum „Gesenkschmiede“, bis zur ersten Rast am ehemaligen Bahnhof von Oberhof.
Der idyllisch gelegene Bahnhof vermittelte einen verlassenen Eindruck und so ist es auch, denn: Seit 2017 hält hier kein Zug mehr und das attraktive Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1911 hinterlässt einen vernachlässigten Zustand. Der Plan von einem Investor, dort ein Hostel einzurichten, wurde bisher nicht umgesetzt.
Weiter ging die Wanderung auf einem asphaltierten Waldweg aufwärts in Richtung „Rondell“ und wir wurden schon nach wenigen hundert Metern von einem märchenhaft anmutenden, smaragdgrünen Teich mit glasklarem Wasser überrascht. Der „Pfanntalsteich“ war erreicht und wir nutzten den von Menschenhand geschaffenen im Wald versteckt liegenden Teich zu einer kurzen Pause, bevor wir die Wanderung hinauf zum „Rondell“ des Rennsteigs fortsetzten.
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Fantastische Ausblicke im Rennsteiggarten
Am „Rondell“ auf 826 Meter Meereshöhe erinnert ein Denkmal in Form eines sieben Meter hohen Obelisken an den Bau der Straße in den Jahren 1830 bis 1832, die den Rennsteig zwischen Gotha nach Suhl überquert. Über eine Brücke der vielbefahrenen Straße erreicht man dort das sogenannte „Waldarbeiterdenkmal“, das an die Aufbauhelfer erinnert, die an der Beseitigung der Windbruch- und Borkenkäferschäden der Jahre 1946 bis 1949 beteiligt waren.
Unser Ziel am ersten Wandertag war aber der „Rennsteiggarten“, ein botanisches Paradies in einem ehemaligen Steinbruch, der fantastische Ausblicke ebenso bietet, wie interessante Informationen über rund 4000 bekannte und weniger bekannte Gebirgspflanzenarten aus aller Welt. Von der zentralen Schauanlage mit seiner einzigartigen Pflanzenwelt lohnt sich ein Rundgang zum Aussichtspunkt „Regenbergblick“. Vom 868 Meter hohen Pfanntalskopf erhält man einen atemberaubenden Blick auf das Panorama über das Lubenbachtal und Zella-Mehlis.
Der Grenzadler und das Biathlonstadion
Eine zweite Wanderung begannen wir mit einer Autofahrt zum Parkplatz am Rondell, der uns als Ausgangspunkt zu einem Rundweg diente. Das erste Ziel war der „Grenzadler“ mit den Sportanlagen von Oberhof, aber schon nach einem Kilometer trafen wir auf den sogenannten „Dietzel-Geba-Stein“, der auch „Hessenstein“ oder „Stein 16“ genannt wird. Er steht für eine Kreuzung der Wanderwege von Oberhof nach Zella-Mehlis und vom Rondell zum Grenzadler. Dieser bedeutende Denkstein galt lange als vermisst und wurde erst im Jahr 1994 wiedergefunden. Im Winter führt hier eine schwierige 50 Kilometer lange Loipe für Langläufer vorbei, doch in den Sommermonaten läuft man gemütlich auf schönen Waldwegen bis zum „Grenzadler“.
Im Umfeld des markanten Grenzsteines, der einst die Staatsgrenzen zwischen Preußen und dem Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha markierte, sind heute zahlreiche Sportstätten entstanden. Unser Blick galt dem eindrucksvollen Biathlonstadion, der „Lotto Thüringen Arena am Rennsteig“, das sich auf 837 Meter Höhe etwa 2,5 Kilometer westlich von Oberhof befindet. Wir konnten einen Blick auf die Bauarbeiten werfen, die für eine umfangreiche Modernisierung im Vorfeld der geplanten Weltmeisterschaften im Jahr 2023 in vollem Gange sind. Trotz Corona-Krise laufen die Umbaumaßnahmen auf Hochtouren, nach denen besonders der Zuschauerbereich vollständig erneuert und eine 1,5 Kilometer lange Laufrunde neu angelegt wird.
Von der Eisarena zum Sankt Moritz des Ostens
Von der Biathlon-Arena sind es nur wenige hundert Meter zur Skisport-Halle. Diese in Mitteleuropa einzigartige Halle ist auf 10.000 Quadratmeter ein Paradies für Leistungs- und Freizeitsportler, die an allen Tagen im Jahr bei konstanten minus vier Grad eine optimale Schneequalität bietet. Wir verzichteten auf den Wintersport im Sommer ebenso wie auf den Nervenkitzel, im Juli mit dem Bob durch die WM-Bahn zu fahren. Durch die laufenden Baumaßnahmen für die Weltmeisterschaften 2023 fand bei unserem Besuch kein „Sommerbob“ statt. Von der „Eisarena“ liefen wir knapp zwei Kilometer an der Tambacher Straße entlang bis zum Oberhofer Freizeit- und Tourismuszentrum. Dort galt unser Blick dem Ahorn-Panorama-Hotel, das in Form von zwei Sprungschanzen im Jahr 1969 erbaut wurde. Es war eine Vision von Walter Ulbricht, dem damaligen Vorsitzenden des Staatsrats der DDR, in Oberhof das „Sankt Moritz des Ostens“ zu erschaffen.
Thüringer Gastlichkeit in Kati´s Cafe Stübchen
Unser Zwischenziel hieß aber „Kati´s Cafe Stübchen“ in der Zellaer Straße von Oberhof. Dort spürten wir, mit wieviel Herzblut ein kleines Café geführt werden kann. Viel Liebe zum Detail, mit zahlreichen Fotos und Sprüchen an den Wänden und dazu hausgemachte Kuchen und leckerer Kaffee. Verbunden mit einer super netten Bedienung genossen wir Thüringer Gastlichkeit, bevor wir uns auf den Rückweg zum „Rondell“ machten. Etwa eineinhalb Kilometer leicht ansteigend, vorbei an der „Schuderbachwiese“, wo vor über einhundert Jahren der Herzogliche Golfclub Oberhof gegründet wurde, erreichten wir bald wieder das „Rondell“. Wir hatten einen weiteren Wandertag am Rennsteig erlebt und sind uns sicher, dass wir bald wieder zurückkehren werden.