Hoch zu Roß und er rollt immer noch – 1988 bis 1990 – Die Radtouren des FC Licher Stammtisch – Teil 2

 

1988 – Ohne Pannen-Rolle eine Tour ohne Höhepunkte

1988 Start zur Licher-Radtour auf dem Dornberger Bahnhof

Traditionell begann die Vorbereitung zur Licher-Radtour 1988 freitagabends im Groß-Gerauer Stammlokal „Schmitt-Stube“, bevor sich ein sechsköpfiges Team am Samstagmorgen, 6. August 1988, am Bahnhof in Groß-Gerau-Dornberg traf, um mit dem Zug nach Neustadt an der Weinstraße zu fahren. Es war der Auftakt einer zweitägigen Radtour über insgesamt 136 Kilometer, die einen der wenigen Höhepunkte durch einen Abstecher zum Hambacher Schloss hatte.

Neben Radelreporter Karlheinz waren Gerhard, Harald, Alois, Hans-Georg und Werner dabei. Erstmals fehlte im Licher-Radelteam Rolf F. und Karlheinz wusste den Grund: „Rolli kam genau zwei Tage zu spät. Freitags versackt, erschien er erst am Sonntagnachmittag zu Kaffee und Kuchen. Ohne Pannen-Rolli berichtete Radel-Reporter Karlheinz unter dem Titel „Spät kommt er!“ über die fünfte Licher-Radtour, und begann den Text mit einem Vierzeiler: „Fährt der Stammtisch in die Pfalz, hängt´ einem manchmal aus dem Hals, denn die Strecke auch famos, ohne Rolli, ist nichts los.“

1988 Radel-Reporter Karlheinz bei der Arbeit

Organisator Rolf M. war zwar zum Bahnhof gekommen, doch der hochschwangere Vater verzichtete auf die Teilnahme und wünschte den verbliebenen fünf Licher-Radlern eine gute Fahrt. Zu diesem Zeitpunkt hofften die Licher-Radler noch auf die Teilnahme von „Pannen-Rolli“, doch auch bei der Ankunft mit dem Zug in Neustadt war von ihm nichts zu sehen. „Dafür schien die Sonne“, stellte Karlheinz fest. Teils radelnd, teils schiebend, aber ständig außer Puste ging es langsam bergauf und nach knapp sieben Kilometern war es um 9.35 Uhr geschafft. Auf 338 Meter Höhe hatten fest alle das Hambacher Schloss erreicht, doch es fehlte Alois. Er hatte durch Kniebeschwerden die Auffahrt zum Schloss abgebrochen. Die übrigen vier Licher-Radler gönnten sich nach der Besichtigung des Schlosses eine kurze Verschnaufpause, bevor es mit bis zum 45 Stundenkilometer rasant wieder ins Tal ging, wo Alois gewartet hatte.

1988 Ein Höhepunkt am Hambacher Schloss

Der Riedexpress bevorzugt Schnitzel mit Pommes

Nach knapp 15 Kilometer war es Zeit, sich in einem Vorort von Neustadt mit den nötigen Kalorien zu versorgen. „Ich mampfte vier Stücke Kuchen“, so Karlheinz. Das zweite Tagesziel war nach 41,5 Kilometern der Kaiserdom zu Speyer und acht Kilomter später in Otterstadt standen für die Licher-Radler „Wiener- und Jägerschnitzel“ auf der Speisekarte.

Der sechsköpfige „Riedexpress“ startete voll durch und auf einer Powerstrecke von rund 20 Kilometer wurden Spitzengeschwindigkeiten von über 30 km/h erreicht. Kurz vor Oggersheim sorgte ein Badesee für Abkühlung und nach knapp 80 gefahrenen Kilometern war in Flomersheim endlich eine Eisdiele gefunden. Um 18.30 Uhr endete die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit im Gasthof „Zur Traube“ in Pfeddersheim. Zunächst wurde der Durst mit Bier gelöscht und schließlich bekamen alle Teilnehmer ein Einheitsessen: „Schnitzel mit Pommes“. Danach schloss Karlheinz seinen Bericht vom ersten Tag ab: „Passiert ist an diesem Abend nicht mehr viel.“

Kaiserwetter am nächsten Morgen und die Neuplanung der Strecke war perfekt. Es ging sofort wieder bergauf über Mörrstadt, Gundheim, Westhofen, Haßloch, Dorn-Dürkheim und nach 120 Kilometern war um 11 Uhr am Vormittag Alsheim erreicht. Acht Kilometer und eine Dreiviertelstunde später und nach erfolgreicher Rheinüberquerung mit der Kühkopffähre war ein Frühschoppen fällig. Um 13.30 Uhr war das Ziel in Erfelden erreicht und mit Kaffee und Kuchen endete die fünfte Licher-Radtour. Da war auch „Pannen-Rolli“ wieder dabei.

1988 Kurze Pause am Haßlocher Wald

In seinem Fazit schreibt Karlheinz: „Irgendetwas hat bei dieser Tour gefehlt, doch was? Vielleicht die Pannen von Rolli, der Regen des letzten Jahres, oder einfach nur die Höhepunkte.“

1989 – Das Märchen der Wichtel auf großer Fahrt

Die sechste Licher-Radtour begann wieder freitagsabends mit der traditionellen Vorbesprechung, diesmal in der Gaststätte „Dreiländereck“ bei Dornheim, bevor der Start am 5. August 1989 um 8.00 Uhr begann und über insgesamt 171 Kilometer an zwei Tagen bis nach Neckargemünd führte.

1989 Start zur Wichtel-Radtour

Radelreporter Karlheinz erzählte von dieser Tour unter dem Titel „Wichtel auf großer Fahrt“ im Stil eines Märchens, das er mit „Es war einmal“ begann. „Rolf aus dem Dornendorf war in diesem Jahr zum Organisations-Wichtel gewählt worden.“

Im Wichtel-Report ist zu lesen, dass sieben „Wichte“ dabei waren. Neben Radel-Wicht Karlheinz und Orka-Wicht Rolf M. gehörten Dieter, Alois, Harald, Rolf F. und Gerhard dazu. Gegen zehn Uhr morgens war Frühstückszeit in „Heppenwichtelheim“ und „Pannenwicht-Rolli“ meinte es gut mit den Licher-Radlern und gab eine Runde Bier aus.

1989 Rolli-Wicht mit einer Runde für Alle

Die Strecke in den Odenwald hinein wurde dadurch nicht leichter und der Organisations-Wichtel war sich auch nicht sicher, ob das Licher-Team auf dem richtigen Weg war. Die „Kraiwichtacher Höhe“ hinter „Zotzenwichtel“ sorgte für den notwendigen Ansporn, um beim traditionellen Bergrennen als Erster auf dem Berg zu sein. „Der weitere Weg führte zunächst noch ein wenig bergauf und bergab, so dass sich die Wichtel zeitweilig aus den Augen verloren“, berichtete der Radel-Wicht in seinem Report. Dabei bekam Dieter den Titel „Komm-nicht-Wicht“ und nach rund 90 Kilometer wurde das Nachtquartier bei Onkel „Kredell“ gefunden. Dort wurde Alois zum „Penn-Wicht“ ernannt, während Werner zum „Schlemmerwicht“ wurde, obwohl vergeblich forderte, bei den VIP-Wichten mit Schlipf und Zylinder zu speisen. Andere „Bösewichte“ hatten das gesamte Tiramisu aufgegessen, so dass die erhoffte Nachspeise für die Licher-Wichte ausfiel.

1989 Pause an einem historischen Brunnen

In der Hölle gibt es kein zurück

„Der Himmel hing voller Wolken, von Geigen war nichts zu sehen“, begann Radel-Wicht Karlheinz seinen Report am Sonntagmorgen. Bei strömenden Regen startete der Licher-Achterzug klatschnass in den Tag, der mit einer idyllischen Strecke entlang des „Neckwicht“, bis zum Schloss „Heidelbeere“, geheimnisvoll umgeben von Dunst- und Nebelschwaden. Bei „Lawichtelberg“ begann ein großes Chaos, denn jeder Einheimische, der den Licher-Wichteln begegnete, wurde nach dem richtigen Weg befragt. Es folgten eine reihe von Verhandlungsrunden, die den „Orka-Wicht“ nicht schlauer machten. Dann zog ein grausiges Unwetter auf und die „Licher-Wichtel“ mussten nach einem Unterschlupf Ausschau halten. Doch: „kein Dorf, keine Hütte und auch keine Höhle.“ Sie radelten weiter. Zu Beginn hatten sie noch ein Lied auf den Lippen, doch mit der Zunahme des Regens hörte man bald nur noch ein Gurgeln. Ein richtiger Wolkenbruch stürzte auf die kleine Schar herunter. Verbissen kämpften sie sich durch diese Hölle, denn es gab kein zurück.

1989 Regnerischer Start in den nächsten Tag

„So schnell wie der Spuk begonnen hatte, war er auch wieder vorbei“, schreibt Radel-Wicht Karlheinz weiter, als sich der Himmel aufklarte und die Wichtel eine große Herberge sahen, vor der viele reich geschmückte Kutschen mit Wesen in langen Roben aus glänzendem Stoff standen. Die Licher-Wichtel waren aber nass von Kopf bis Fuß und eine dicke Schlammschicht überzog die Füße bis zu den Knien. Sie hatten wenig Hoffnung eigelassen zu werden, doch die Tür öffnete sich für einen Platz im Hinterzimmer und eine schmackhafte Mahlzeit mit einem kräftigen Schluck konnte zu sich genommen werden. So begann zumindest die Sonne im Herzen wieder zu scheinen.

Rolli Nimmersatt und die Gewichtsbilanz

1989 Hitzeschlacht und Pause beim Anstieg

Als „Rolli Nimmersatt“ bei Gernswichtel in die nächste Eisdiele wollte, kommentierte Report-Wicht Karlheinz: „Der hat wohl ein Rad ab.“ Alles hätte wohl ein harmonisches Ende genommen, wenn Report-Wicht Karlheinz nicht noch über den Abschluss der Radeltour in „Dornendorf“ miterlebt hätte, wo „Rolli Nimmersatt“ beim Empfang mit Kaffee und Kuchen nicht gleich den ganzen Pflaumenkuchen allein aufgegessen hätte. Schließlich zog Radel-Wicht Karlheinz für alle „Bürokraten“ noch seine Bilanz der Radeltour 1989: „Keiner hatte eine Panne – zwei Wichte wurden vermisst, aber wiedergefunden – nicht aufgefallen, aber mit dabei war Bankwicht Harald – die Tour dauerte insgesamt 16einhalb Stunden, davon ein Viertel für Pausen – es wurden 174 Kilometer zurückgelegt, davon fünf gelaufene Kilometer in der Sonne und 30 gefahrene im Regen – die Gewichtsbilanz der sieben Kerle und des Schlemmerwichts: plus 3,2 Kilogramm. Report-Wicht ergänzte zudem, dass er durch seine lange Anreise mit insgesamt 207,6 Kilometern eine neue Bestleistung bei Licher-Radeltouren aufstellte.

1990 – Rund um Mainhattan

„Ich schreibe nie mehr einen Radelreport!“, schimpfte Licher-Radelreporter Karlheinz nach der 1990er Tour, die am 4. und 5. August unter dem Titel „Rund um Mainhattan“ stattfand. Der Reporter ärgerte sich über „jede Menge Arbeit, eigentlich jedes Jahr wieder das gleiche passiert und er auf der Strecke ständigen Anfeindungen ausgesetzt ist“. Die Verbesserungsvorschläge „nimm doch ein Diktiergerät“ oder „hast Du das auch aufgeschrieben“ machten es auch nicht besser. Doch wie schon James Bond sagte „Sag niemals nie“ und so entschloss sich Karlheinz zu seinem letzten Radelreport „danach ist Schluss.“

Einer der Gründe zum Rückfall in den Radelreporter war für Karlheinz sicher, dass er sich als Organisator der 1990er Tour „über den grünen Klee loben“ wollte.

Das übliche „Warm up“ vor jeder Licher-Radeltour fand Freitagabends im Groß-Gerauer Kulturcafé statt und es wurden mindestens neun Teilnehmer erwartet, von denen aber nur drei mit ihren „Drahteseln“ angereist waren. Lediglich Werner war bereits „tourmäßig“ lt. Karlheinz mit „Wende-T-Shirt“ und „schlapper Satteltasche“ ausgestattet. Bis 22.30 Uhr dauerte der Stammtisch, da waren es nur noch sieben Teilnehmer, denn zwei Absagen reduzierten die Schar der Licher-Radler.

Samstagmorgen um 7.06 Uhr begann die 1990er Licher-Radeltour in einem Gepäckwagen der Deutschen Bundesbahn auf dem Dornberger Bahnhof. Da war schon die erste Panne zu vermelden: „Rolf F. hatte eine gebrochene Schuhsohle“, meldete Karlheinz und es wurde diskutiert im nächsten Jahr ein „Standard-Sorglos-Paket“ in den „schlappen Satteltaschen“ von Werner mitzunehmen.

1990 Das Serviceteam bei der Arbeit

Ein gerissenes Bremsseil und das Racingteam

Um 8.30 Uhr wird Butzbach erreicht und die sieben Licher-Radler stellen sich zunächst den traditionellen Fotoaufnahmen und siebenhundert Meter später reist bei Werner das Bremsseil. „So einen Schaden hatten wir noch nicht“, stellt Karlheinz fest, doch vom „Racingteam“ Alois und Harald wird das Malheur blitzschnell behoben. Nach zehn Radel-Kilometern über „Stock und Stein“ stellt Alois an seinem Rad einen gerissenen Felgengummi fest, bekommt aber ein Ersatzteil aus der Wunderkiste von Harald.

Am Torbogen des Klosters Arnsberg wird das nächste „Traditionsfoto“ geschossen und um 11.30 Uhr gibt’s nach 25 Kilometer bei einem Stadtrundgang in Lich kulturelle Höhepunkte zu bestaunen. Wichtig für die Licher-Radler: „Beim Stadtbummel können Ersatzteile, Eis und kühle Getränke nachgefüllt werden.“

1990 Traditionsfoto am Kloster-Torbogen

Ein Knäuel aus Blech und Rolli

Nach 38 Kilometer kommt es zur Katastrophe. In unberührter Natur stürzt Rolf F auf einer schlickigen Straße und schlittert über den Asphalt. Karlheinz hat nicht genug Sicherheitsabstand und bildet „ein Knäuel aus Blech und Rolli“. Trotz Prellungen, Abschürfungen und schmutzig wie ein Eber: „Rolf F. ist hart im Nehmen. In Laubach spritzt ihn die Freiwillige Feuerwehr wieder sauber.“

Rolf F. beschreibt in seinen Erinnerungen die Situation wie folgt: „Vor Laubach wollte ich eine kurze Dusche nehmen. O.K., leider war der Radweg durch Wasser und herumliegende Bäume glatte. Also stürzte ich.“

Der Gasthof „Laubacher Wald“ lädt nach 43 Kilometer die Licher-Radler zu einer Mittagsrast ein, dann aber geht´s stetig bergauf: „Jede kämpft, aufgeben gilt nicht, bis Kilometer 47“, berichtet Karlheinz, als plötzlich Rolf M. feststellt „mein Geld ist weg“. Er radelt zurück in den Gasthof, nichts! Wieder zurück bei den Licher-Radlern stellt er fest: „Der Geldbeutel ist wieder da.“

1990 Bei der Bergwertung das Ziel vor Augen

Um 15.21 wird auf 380 Metern der Höhepunkt bei Kilometer 50,2 erreicht. Danach geht’s bergab nach Schotten bis zu einer Pause am Niddastausee. Jetzt fordert die Hitze ihren Tribut. Um 17.30 Uhr nach 77 Kilometer in Dauernheim wirft Karlheinz in einem Biergarten seine „Orga-Runde“, doch die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit gestaltet sich schwierig. Nichts in Staden und Ober-Florstadt, überhaupt Nichts in Florstadt und es kommt zum Entschluss: „Wir müssen von der Route abweichen“. Um 20 Uhr nach 96,4 Kilometer schaffen es die Licher-Radler, im Friedberger Hotel „Zum alten Mühlrad“ eine Bleibe für die Nacht zu finden.

Am Nidda-Ufer werden Kilometer gemacht

Der nächste Morgen beginnt um 9.10 Uhr mit einer Sightseeingtour durch Friedberg, bevor es gilt „Kilometer zu machen“. Es geht entlang des Nidda-Ufers bis zu einer Mittagsrast in Heddernheim und anschließend durch die Frankfurter Naturlandschaft. Die Flussmündung der Nidda in den Main ist nach 146,8 Kilometer erreicht und Radelreporter Karlheinz ist begeistert: „20 Kmh Durchschnittsgeschwindigkeit auf dem letzten Teilstück sind respektabel.“

1990 Licher Radler durch Feld, Wald und Wiese

Der Walldorfer Badesee lädt noch zu einer kurzen Pause für ein „erotisches Foto“ der staubigen und verschwitzten Licher-Radler ein und schließlich wurde nach 175,4 Radelkilometer das Ziel in Gräfenhausen erreicht, wo als Belohnung Kaffee und Kuchen warteten. „Vier Kuchen, einen davon nur für Rolli müssten wohl genügen“, hoffte Karlheinz, der in seinem Fazit schließlich Hans-Georg zum „größten Radler“ kürte, weil er insgesamt mit An- und Heimreise auf 197 Kilometer gekommen war. Zudem wurde das „Radlager in Silber“ an Harald verliehen, denn er hatte immer ein passendes Ersatzteil dabei. „Rolli“ Rolf F. fiel nicht als „Chaos-Rolf“ auf und hatte keine Panne.

Die Licher-Radtouren werden im Jahr 1991 fortgesetzt.