Neue Mobilität und verliebte Jungs in Jugoslawien
Neben den regelmäßigen Stammtischabenden, stets Freitags ab 20 Uhr in der Groß-Gerauer Gaststätte „Festung Metz“, dem Fußballtraining – meist Sonntagmorgens – in der Fasanerie und Skatabenden im „Second Home“ bei Karl-Heinz entwickelten die späteren FC-Licher Stammtischler mit der neuen Mobilität ihre Lust zum Reisen.
Ein Höhepunkt der Stammtischgeschichte sollte im Sommer 1973 ein zweiwöchiger Urlaub im damaligen Jugoslawien auf der Insel Krk werden. Geplant wurde die Reise im Partykeller „Second Home“, in dem Gastgeber Karlheinz zuvor noch seinen „berühmten“ Fußkrankenreport verlas, nach dem auch Werner´s Launen dieser Zeit eine Rolle bei der Reiseplanung spielten. Karlheinz erinnert sich gerne an das damalige „Lebensmotto“ seines Stammtischfreundes: „Ich bin dagegen!“. Was auch immer Volker, Gerhard, Rolf und Karlheinz zum Reiseverlauf bis zum Ziel, der Insel Krk in Jugoslawien, vorschlugen, fand nicht den Beifall von Werner. Dennoch war er für die Reise ein wichtiger Teilnehmer, denn zusammen mit Gerhard stellte Werner den fahrbaren Untersatz (Opel Kadett Baujahr 1964) zur Verfügung. Die bereits in die Jahre gekommenen 40-PS-Boliden sollten den Reiseverlauf schließlich auch beeinflussen, denn Reparaturwerkstätten mussten immer wieder aufgesucht werden.
Nach einer gemeinsamen Übernachtung im Groß-Gerauer Elternhaus von Werner starteten die fünf Stammtischler am frühen Morgen mit zwei vollbepackten Fahrzeugen in Richtung Süden. Nach rund 400 Kilometer kam es zu einem ersten größeren Zwischenstopp mit der Besichtigung der Schlossanlage in Oberschleißheim. Zur ersten Übernachtung in Prien am Chiemsee waren es dann nur noch rund 100 Kilometer und auf einem Campingplatz wurden erstmals die mitgenommenen Zelte aufgebaut.
Erster Höhepunkt am Loibl-Pass
Der zweite Tag begann mit einer Elektroboot-Fahrt auf dem Chiemsee, bevor die Alpenüberquerung begann mit der Fahrt über den Felbertauernpass in Richtung Wörthersee, wo ein Kupplungsschaden bei Gerhard´s Kadett für eine unfreiwillige Pause sorgte. Während der Reparatur nutzten die Stammtischler die Zeit zu einem Kurzbesuch in Reifnitz am Wörthersee und einer weiteren Fahrt im Elektroboot. Schließlich schafften es alle fünf Stammtischler bis zum Campingplatz Seger am Keutschacher See. Nach einem Kurzbesuch in Klagenfurt (die ersten Postkarten nach Hause wurden geschrieben) und dem Besuch des Aussichtsturm Pyramidenkogel stand am nächsten Tag die Herausforderung „der Loiblpass“ auf dem Programm.
Der knapp 1400 Meter hohe Alpenpass wurde für beide Opel Kadetts mit voller Beladung zur Qual und oben angekommen mussten beide Fahrzeuge erst einmal „Dampf ablassen“. Im Jahr 1973 gab es noch keinen Karawankentunnel und so war die Fahrt über den Loiblpasse die Kürzeste Verbindung von Klagenfurt nach Ljubljana im damaligen Jugoslawien (heute Slowenien). Als die Fahrt mit Steigungen von bis zu 17 Prozent geschafft war, gönnten sich die fünf Stammtischler in Restaurant Figovec in Ljubljana ihre verdiente Pause, bevor am Abend nach zwischenzeitlich rund 1.000 Kilometer die Fähre zum Übersetzen nach Krk erreicht war. Damals gab es noch keine Brückenverbindung zur Insel, die heute in Kroatien liegt.
Das ideale Ziel auf der Goldenen Insel
Geschichte, Tradition und Kultur der „Goldenen Insel“ interessierten die Stammtischler weniger, sie waren gekommen wegen der schönen Strände und dem warmen Klima, was die Insel Krk in der Kvarner Bucht zu einem idealen Urlaubsziel macht. Der Campingplatz Njivice liegt direkt am Meer mit einem herrlichen Strand und ein Eichenwald spendet idealen Schatten. So bauten die fünf Stammtischler ihre Zelte auf und nahmen erste Kontakte mit den Nachbarn auf. Rolf fand sofort einen Mitspieler für seine Basketballleidenschaft und am Abend gab es die ersten Erfolge auf der Suche nach dem weiblichen Geschlecht.
Eine kleine blonde Stammtischkrise
So hatten Rolf und Werner ihre Freude als „verliebte Jungs“, während die übrigen Stammtischler sich im Sonnenbaden, der Inselerkundung und einem Ausflug auf das Festland mit sportlicher Betätigung beschäftigten. Werner beschreibt diese kleine „Stammtischkrise“ wie folgt im Jubiläumsbuch von 1995: „Blond, 1,60 groß und wunderschön. Für ein paar Tage hatte ich meine eigenen kleinen Abenteuer.“
Schließlich empfanden die Stammtischler das Abschiednehmen auch unterschiedlich schwer und ganz besonders traf es Werner. Dem Abschied vom Sommerflirt folgte die Verweigerung durch den Opel Kadett, der nicht mehr anspringen wollte. So war wieder einmal eine Autowerkstatt gefragt, bevor die Rückfahrt über Triest in Richtung Lido de Jesolo begann. Nach einer Nacht auf dem Zeltplatz und der Überfahrt mit der Fähre wurde die Zeit für eine Kurzvisite von Venedig genutzt. Mal schnell zu Fuß über den Markusplatz und eine kleine Rundfahrt mit dem Wasserbus (Vaporetto), dann ging´s schon weiter in Richtung Riva am Gardasee. Vom Zeltplatz am Nordufer des Gardasees aus nutzten vier Stammtischler die Möglichkeit zu einer Bergtour am Monte Baldo, während Werner zum „Träumen“ in Riva blieb.
Bierseeliger Abschluss in München
Ein Jahr nach den Olympischen Spielen in München war das Olympiagelände mit dem Olympiastadion noch ein großer Anziehungspunkt und zum Abschluss der Jugoslawien-Reise war die bayerische Hauptstadt das letzte Ziel vor der Heimreise. Ein schöner Rundblick bot sich vom „Olympiaberg“ und danach folgte der willkommene Abschluss zu einem Maß Bier in der „Schwemme“ der Mathaeser-Schänke. Übernachtet wurde auf einem Parkplatz an der Autobahn, bevor die Reise nach rund 2.300 Kilometer wieder in Groß-Gerau endete.
Geblieben sind für die fünf Stammtischler neben den Fotografien und einem von Gerhard gedrehten Super 8-Film viele Erinnerungen an den ersten gemeinsamen Urlaub, der von jedem Teilnehmer in unterschiedlichster Weise wahrgenommen wurde.
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