Ein Bilderbuch-Dorf und scheinbar unendliche Sandstrände

2022

Es war der 13. September 1989, seit drei Tagen war ich unterwegs im Emsland.

Zunächst in Emden und nach einem Abstecher zur Insel Borkum kam ich an diesem Tag nach Greetsiel. Ein Fischerdorf, das mit seiner historischen Kulisse aus dem 17. Jahrhundert als das Bilderbuch-Dorf an der Nordsee gilt. Zwischen den alten Backstein- und Giebelhäusern schlenderte ich durch die Straßen, vorbei an kleinen Läden mit ostfriesischen Spezialitäten bis zum malerischen Hafen, der mit seinen zwei Dutzend Krabbenkuttern und den Zwillingsmühlen die Wahrzeichen des Ortes sind. Doch weder die malerischen Giebelhäuser aus dem 18. Jahrhundert noch der mehr als 600 Jahre alte Hafen konnte mich damals an einem trüben Mittwoch begeistern.

Ich war damals allein unterwegs, das erste Mal im Leben bin ich einfach mal losgefahren, um Urlaub im Norden von Deutschland zu machen. Ich saß auf einer Bank am Deich und dachte über mein Leben nach, dass sich innerhalb eines Jahres so verändert hatte. Ich fühlte mich erstmals so richtig einsam und allein. Diese Gedanken sind mir 33 Jahre lang in Erinnerung geblieben, bis der Tag kam, an dem ich die negativen Erinnerungen endlich mit wundervollen Tagen in Ostfriesland vergessen machen konnte.

 

 

Mit Erika kehrte ich zurück zu dieser Sitzbank am Deich des Greetsielers Hafens und endlich konnte ich die ganze Schönheit des Dorfes erleben. Aber es gab noch viel mehr zu sehen und zu erleben als der malerische Hafenort. Der nur elf Meter hohe Pilsumer Leuchtturm, nur wenige Kilometer südwestlich von Greetsiel ist deutschlandweit bekannt. Der rot-gelbe Turm auf der Krone des Deiches kam als Filmkulisse für Otto Waalkes‘ Kinofilm „Otto der Außerfriesische“ groß heraus.

Aber es waren nicht nur der „Otto-Turm“ oder Deutschlands höchster Leuchtturm in Campen, die uns begeisterten. Viel mehr war es die Ruhe, der Wind und die Wolken, aber auch das Vergessen der Zeit, was uns in den Tagen an der Nordsee beeindruckte. Wir sahen das Wattenmeer, die Ebbe und die Flut, aber auch die Deichschafe, die so wichtig sind für den Küstenschutz. Die Windmühlen von Greetsiel oder in Hinte bilden schöne Fotomotive und auch ein Tagesausflug nach Emden hatte sich gelohnt, bevor wir nach einigen Tagen auf die Insel Norderney wechselten.

 

Mit 14 Kilometern Länge und bis zu 2,5 Kilometern Breite ist Norderney die zweitgrößte der Ostfriesischen Inseln, die wir mit der Autofähre erreichten und dann in einem Hotel nahe der „Milchbar“ wohnten. Es war die richtige Wahl, denn direkt vom Hotel aus konnten wir grandiose Sonnenuntergänge erleben, nachdem wir ausgiebige Spaziergänge und eine Radtour auf der vor über 2000 Jahren durch Sturm, Strömungen und den Wellengang der Nordsee entstandenen Insel gemacht hatten. Insgesamt besteht Norderney zu fast 70 Prozent aus Strand und Dünen und der lange Sandstrand im Norden ist ein reizvolles Ziel. Dort erlebten wir Natur, soweit das Auge reichte und den großen Leuchtturm, mit knapp 60 Meter das höchste Bauwerk der Insel. Er wurde zwischen 1871 bis 1874 auf einer rund 10 Meter hohen Düne in der Mitte der Insel Norderney errichtet. 

Unsere Augen sahen die Brandungswellen, die Reflexionen des Sonnenlichts und das Spiel am Himmel zwischen den Wolken und der Sonne. Wir erlebten auch eine Luft zum Atmen mit ihrer heilenden, gesundheitsfördernden Wirkung der natürlichen Umgebung sowie den scheinbar unendlichen Freiraum der Dünen und der weißen Sandstrände.