Wo Weißflog weit flog und Napoleon nicht laufen wollte

2023

Wo Weißflog weit flog und Napoleon nicht laufen wollte

Auf unserer Deutschlandreise erfüllten wir uns im Juni 2023 den Wunsch, noch einmal den botanischen Garten im thüringischen Oberhof, den Rennsteiggarten mit seiner Blütenpracht zu besuchen. Nach wie vor ist es ein beliebtes Ausflugsziel in Thüringen und wir genossen die Ruhe der schön angelegten Gartenanlage, die teilweise großartige Ausblicke auf den Thüringer Wald bietet.

Als Ausgangspunkt hatten wir uns für eines der ältesten Häuser in Oberhof, dem Hotel „Vergissmeinnicht“ entschieden, dass auf eine über einhundertjährige Geschichte zurückblicken kann. Mitten in dem bekannten Wintersport- und Luftkurort auf 825 Meter gelegen, wussten wir, dass es nicht weit zu den berühmten Sprungschanzen ist. Bereits im Jahr 1906 wurde an der Tambacher Straße mit Skiern gesprungen und etwa 20 Jahre später entstand die „Hindenburgschanze“, die nach dem Zweiten Weltkrieg in „Thüringenschanze“ umbenannt wurde. Immerhin kamen dort an einem Wochenende im Jahr 1951 fast 120.000 Zuschauer zu einem Wettbewerb und schließlich war es der spätere Olympiasieger Jens Weißflog, der als 16-Jähriger im Jahr 1981 den letzten Schanzenrekord mit 83,5 Meter aufstellte.

Wir wollten uns diese legendäre Holzschanze einmal aus der Nähe ansehen, doch es war vergeblich. Schließlich erklärte uns während der Wanderung am Wadeberg ein Einheimischer, dass die letzten Überreste der Holzschanze im Jahr 2017 abgerissen wurden. Schade…, so blieb uns nur eine schöne Wanderung, die uns über den Landebereich der neuen Jugendschanze am Wadeberg, vorbei an der traditionellen „Obere Schweizerhütte“ wieder zurück nach Oberhof führte. Zur Vervollständigung unserer „Zweischanzentournee“ schauten wir uns noch die Schanzenanlage im Kanzlersgrund an, von der es nicht weit zur Talsperre „Schmalwasser“ bei Ohrdruf ist.

Wir wollten uns nur die Talsperre bei Tambach-Dietharz ansehen und dachten nicht daran, den empfohlenen Rundwanderweg von 17 Kilometer zu laufen. Aber die Zufahrt zur Talsperre endete an einer Schrankenanlage und von da ab galt es, die restlichen eineinhalb Kilometer bis zum Stauwall bergauf zu Fuß über eine Asphaltstraße zurückzulegen. Für den Aufstieg bei strahlendem Sonnenschein wurden wir schließlich durch eine beeindruckende Aussicht auf den Stausee entschädigt und wir ließen es uns nicht nehmen, unseren Besuch ins Hüttenbuch am „Stummelberg“ einzutragen.

 

 

Nach den Tagen in Oberhof reisten wir knapp 300 Kilometer weiter in den Osten von Deutschland, ins „Elbparadies“ von Pirna. Wir staunten über die traumhafte Lage unseres Hotels, das als Ausgangspunkt für einige Ziele in der „Sächsischen Schweiz“ diente. Nur 15 Kilometer flussabwärts war eine wetterbedingte „Shoppingtour“ nach Dresden eine schöne Abwechslung, aber viel mehr beeindruckte uns das Schloss und der Park in Pillnitz. Gleich zwei Mal nutzten wir die Möglichkeit zum Besuch der direkt an der Elbe und im chinesischen Stil angelegten Schlossanlage, die erstmals im Jahr 1335 als Herrensitz und Rittergut erwähnt wurde. Unter dem Kurfürsten „August der Starke“ wurde die Schlossanlage Anfang des 18. Jahrhunderts für barocke Festlichkeiten ausgebaut. Größter Anziehungspunkt im Schlosspark ist die geschätzt 250 Jahre alte Kamelie. Im Jahr 1801 von einem Hofgärtner an der heutigen Stelle gepflanzt, hat sie zwischenzeitlich eine Höhe von knapp neun Metern und einem Kronendurchmesser von fast zwölf Meter erreicht. Zu ihrem Schutz wurde in den 1990er Jahren ein auf Schienen gelagertes „Kamelienhaus“ errichtet.  Beeindruckend ist auch der Besuch des 1859 entstandenen gusseisernen Gewächshauses. In diesem Palmenhaus bewunderten wir die exotischen Pflanzen aus Südafrika, Australien und Neuseeland.

 

 

 

 

 

Nur kurz, aber umso eindrucksvoller war für uns die „Bastei“. Nur 18 Kilometer vom Schlosspark Pillnitz entfernt, kommt man zu der berühmten Felsformation, die als beliebtestes Ausflugsziel in der Sächsischen Schweiz gilt. Wo früher Raubritter ihr Unwesen trieben hat man heute einmalige Ausblicke über das Elbtal und die Tafelberge des Elbsandsteingebirges.

 

 

Hoch hinaus ging es für uns zum Abschluss unserer Reise durch die Sächsische Schweiz. Auf einem Felsplateau in 360 Meter Höhe thront die uneinnehmbare Festung Königstein. Das einzigartige Zeugnis europäischer Festungsbaukunst erreichten wird zu Fuß vom zehn Minuten entfernten Parkhaus und verzichteten darauf, uns mit einer kleinen Bahn zum Eingang der Festung bringen zu lassen.

Vor über 200 Jahren war es Kaiser Napoleon, der beim Anblick der Festung auf das Ersteigen verzichten wollte. Am 20. Juni 1813 ließ er sich aber doch zum Aufstieg überzeugen, da ihm zugesagt wurde, „dass Seine Majestät eine großartige Aussicht von der Festung haben würde“. Es war sicher eines der letzten schönen Erlebnisse des französischen Kaisers, dessen Armee vier Monate später die Völkerschlacht bei Leipzig verlor und danach der Zusammenbruch seiner Herrschaft folgte.

Wir nutzten eine andere Möglichkeit zur Besichtigung der eindrucksvollen Wehranlage mit seiner über 800-jährigen Geschichte. Seit 1970 wurde ein Personen- und Lastenaufzug eröffnet, mit dem wir das Plateau mühelos erreichten.

Vom sogenannten „Kranichplateau“ begannen wir unseren Rundgang entlang der Wehrmauer und staunten über die immer wieder neuen grandiosen Ausblicke von der im 16. Jahrhundert zur Landesfestung ausgebauten Burg. Bis 1922 war der Königstein ein gefürchtetstes Staatsgefängnis, bevor die Festungsanlage im Jahr 1955 als militärhistorischen Freilichtmuseum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

 

 

 

Vorbei an Beobachtungs- und Flankierungstürmen und entlang der Brustwehr kamen wir zur „Königsnase“, die einen fantastischen Ausblick auf die Stadt Königsstein an der Elbe bietet. Der Grundstein zur Festung Königstein wurde von einem Kurfürsten Christian im 16. Jahrhundert gelegt, der einen achteckigen Pavillon an der Festungsmauer errichten ließ, der später in „Friedrichsburg“ nach einem Besuch des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. unbenannt wurde. Von „August der Starke“ wurde der Pavillon als Lustschlösschen genutzt, in dem er das Märchen von „Tischlein-Deck-Dich“ wahr werden ließ. Die Gäste konnten nicht nur den grandiosen Blick auf das Elbsandsteingebirge genießen, sondern wurden von einem reich gedeckten Tisch überrascht, der aus dem Fußboden hervorkam.

 

 

 

 

 

Der Rundgang führte uns am „Hungerturm“ vorbei, der zeitweise als Gefängnis genutzt wurde, bevor wir am zentralen „Paradeplatz“ uns erfrischten und danach den Abstieg – mit 22 % Gefälle – durch die Toranlage in Angriff nahmen.