Die Geschichte begann am 21. Juni 1975 im Niedersachsenstadion in Hannover. Es war das DFB-Pokalfinale und die Fußballer von Eintracht Frankfurt schickten sich an, ihren im Vorjahr gegen den Hamburger SV (3:1) gewonnenen Pokal zu verteidigen.

Ich war damals schon langjähriger Fan der Frankfurter Eintracht und mit drei Freunden war ich bei strömenden Regen dabei, als es zu folgender Szene kam:

„Schneider will eingreifen, doch er rutscht erneut aus, während Körbel schneller schaltet als Bella und den Ball zwischen dem Verteidiger und Linders aus kurzer Distanz volley ins Tor hämmert. Neben dem linken Pfosten schlägt die Kugel ein, die Eintracht führt 1:0.“

Es sollte das einzige Tor an jenem 21. Juni bleiben und die Eintracht hatte den DFB-Pokalsieg verteidigt. Aber es war auch der Auftakt einer Reise mit dem Ziel, das ich erst 42 Jahre später erreichen sollte.

Der Traum vom Nordkap

Wie viele andere in dieser Zeit träumte ich davon, einmal mit dem Auto nach Norwegen zum Nordkap zu fahren. Rund 4.000 Kilometer sollten damals kein großes Problem sein, denn wir waren jung und am liebsten habe ich die Zeit im Auto verbracht – einem Opel Rekord D, da konnte man(n) auch gut drin übernachten. Natürlich nur mit zwei Personen und wir waren zu Viert. Deshalb hatten wir noch ein Zelt und sogar ein Schlauchboot dabei.

Die Reise führte uns nach dem Pokalfinale in Hannover zügig nach Dänemark, wo wir ab Hirsthals mit einer Fähre der Fred. Olsen Lines für einen Preis von 48 Mark nach Kristiansand fuhren. Rund drei Stunden dauerte die Überfahrt und so manchem von uns wurde es bei dem Seegang im Skagerrak etwas mulmig, denn wir hatten nur Sitzplätze am Oberdeck und überhaupt keine Erfahrung, wie man mit dem schwankenden Horizont umgeht.

Immerhin die ersten 1.000 Kilometer waren geschafft und es ging weiter nach Mandal, die südlichste Stadt von Norwegen mit einem Sandstrand, den wir zu einem kühlen Badeerlebnis nutzten. Einen Tag später ging´s weiter in Richtung Stavanger und wir waren noch im Zeitplan, der dann durch eine Vielzahl von Fährverbindungen nicht mehr eingehalten werden konnte. Wir schafften noch etwas mehr als 400 Kilometer, um in Bergen anzukommen, doch dann war Schluss mit unserem Ziel in Richtung Norden zum Nordkap.

In Bergen ist Schluss mit Richtung Norden

Bergen, dessen Geschichte in die Wikingerzeit zurückgeht, ist berühmt für seine sieben Berge rund um das Stadtzentrum, die Hanseatische Landungsbrücke und  den Fischmarkt, aber auch für 240 Regentage im Jahr. Sie gilt damit als regenreichste Stadt in Europa.

Mit meinen Freunden war ich im Auto in Bergen angekommen – bei strahlenden Sonnenschein genossen wir die Zeit am Hafen, hatten von einem der Aussichtspunkten, dem 400 Meter hohen Floyen, einen grandiosen Blick auf die Stadt und machten uns dann auf die Rückreise über den Hardangerfjord nach Geilo bis in die norwegische Hauptstadt Oslo. Entlang der schwedischen Küste bis ins dänische Kopenhagen, von da nach Bad Segeberg und Hamburg, bis wir nach rund 3.500 Kilometer wieder zu Hause angekommen waren.

Die Begeisterung für Norwegen, das Land der Wikinger, mit seinen vielen Fjorden und Bergen war in mir geweckt, doch es sollte 42 Jahre dauern, bis ich mir meinen Traum vom Nordkap endlich erfüllen konnte.

[tm-pg-gallery id=”719″][/tm-pg-gallery]

Rückkehr zum Tor der Fjorde

Da stand ich wieder, am „Tor der Fjorde“ in Bergen, dieser wunderschönen Kleinstadt mit seiner heimeligen Atmosphäre, die einst vor über 900 Jahren von den Wikingern gegründet wurde. Ich war zurückgekehrt am 30. Mai 2017 – nach knapp 42 Jahren, doch das Hafengelände mit dem Fischmarkt und das Hanseviertel Bryggen war mir so vertraut, als wäre es gestern gewesen. Auch die „Statsraad Lehmkuhl“, ein ehemaliges deutsches Segelschulschiff lag an der Pier, so wie damals im Jahr 1975. Auch das Wetter war schön und es war wieder keiner der vielen Regentage in Bergen. Doch etwas hatte sich verändert, nicht nur, dass ich älter geworden bin – auch meine Begleitung. Damals mit meinen Freunden auf Tour, begleitete mich jetzt Erika – meine Lebensgefährtin, die ich seit den 1970er Jugendjahren kenne und der ich damals noch Postkarten von meinen Reisen geschickt habe.

Unsere Lebenswege haben uns im Jahr 2015 wieder zusammengeführt und jetzt waren wir gemeinsam auf einer „Traumreise“ mit „Mein Schiff 1“, die zwei Tage zuvor im Hamburger Hafen unter dem Motto „Norwegen mit Nordkap“ begonnen hat.  Jetzt endlich sollte ich mein Traumziel erreichen.

In Bergen hatten wir nicht das TUI-Ausflugsprogramm genutzt und waren vom Anlegeplatz der „Mein Schiff 1“ und einem Hafenshuttle-Service zu Fuß losgezogen, denn wir hatten reichlich Zeit um die bildschöne Stadt mit seinen schönen Holzhäusern im Hanseviertel „Bryggen“ zu erkunden. Nach dem ersten Seetag war es entspannend, die traumhaft schöne Lage der Stadt zu genießen, bevor wir am späten Nachmittag wieder zum „Mein Schiff 1“ zurückkehrten und uns vom Bordprogramm verwöhnen ließen.

Schroffe Felsen und tosende Wasserfälle

Bereits einen Tag nach unserem Besuch in Bergen erlebten wir wohl eine der grandiosesten Fjordlandschaften weltweit, den Geirangerfjord, der als Juwel unter den norwegischen Fjorden gilt.

Schroffe Felsen, tosende Wasserfälle in Verbindung mit einer üppigen grünen Landschaft und Bergen mit schneebedeckten Gipfeln begeisterten uns. Wir nutzten das TUI-Ausflugsprogramm, das uns über den berühmten Aussichtspunkt „Adlerkehre“ bis hinaus auf 1.500 Meter Höhe zum Berg „Dalsnibba“ führte. Von dort erlebten wir einen spektakulären Blick auf die norwegische Berglandschaft, der durch das ständig wechselnde Spiel der Wolken zu einem besonderen Erlebnis wurde. Nach einem Abstecher zum Hotel Djupvasshytta mit Kaffeepause auf rund 1.000 Meter Seehöhe ging die Fahrt zurück ins Fjordzentrum, in dem eindrucksvoll die Geschichte, die Natur und Kultur des Geirangerfjords präsentiert wird.

Nördlich des Polarkreises

Erika genoss das Liegen in der Hängematte, denn der zweite Seetag am 1. Juni 2017 führte uns immer weiter Richtung Norden. Um Mitternacht wurde es jetzt nicht mehr dunkel und wir genossen die nicht mehr untergehende Sonne am Horizont. Bei unserer Ankunft in Tromsö, nördlich des Polarkreises, war es spürbar kälter geworden und im Hafen sahen wir zu unserer Überraschung eine deutsche Flagge, auf einem Unterseeboot, das uns in den nächsten Tagen immer wieder mal begegnen sollte.

Tromsö liegt 350 Kilometer nördlich des Polarkreises und in diese moderne Stadt am Eismeer kommen die Besucher hauptsächlich, um das Naturschauspiel des legendären Nordlichts zu beobachten. Wir waren in der Saison der Mitternachtssonne da und ich machte nur einen kurzen Rundgang durch die Stadt, um ein paar Bilder von dem geschäftigen Hafen zu machen, der als Tor zu Spitzbergen und zur Arktis gilt und von dem auch Amundsens Expedition zum Nordpol startete.

Der nördlichste Punkt von Europa – endlich

Am Samstag, dem 3. Juni 2017 hatten wir es geschafft – wir standen am Nordkap (norwegisch: Nordkapp) und hatten das Ziel unserer Reise erreicht – endlich!

Angekommen waren wir mit „Mein Schiff 1“ zunächst in dem Städtchen Honningsvag. Die 2.800 Einwohner zählende Gemeinde ist das „Tor zum Nordkap“ und war unser Ausgangspunkt, nachdem wir mit kleinen Tenderbooten von unserem Kreuzfahrtschiff zum Hafen gebracht wurden, von dem aus es mit dem Bus zum 32 Kilometer entfernten Nordkap ging. Dort erwarteten uns zunächst einmal alle möglichen Wetterkapriolen. Nebel, Schneetreiben und dazwischen immer wieder durchblitzende Sonnenstrahlen machten den Besuch fast zu einem kleinen Abenteuer, letztlich aber auch zum Höhepunkt der Reise.

Erster Anlaufpunkt am Nordkap ist dessen Wahrzeichen, der Globus – eine aus Stahl gefertigte Skulptur aus dem Jahr 1978, die als Symbol für den globalen Treffpunkt dient, an dem sich Menschen aus der ganzen Welt begegnen. Wir waren auch da und mussten einige Minuten warten, bis wir auf dem Sockel ein wenig Platz hatten, um unsere Erinnerungsbilder zu machen.

Das Nordkap liegt auf der Insel Mageroya, eine karge Insel in deren Norden sich die über 300 Meter hohe Felswand des Nordkaps erhebt.

Unvergesslicher Blick am Ende der Welt

Wir genossen den unvergesslichen Blick von der Kante des Schieferplateaus nach Norden und ich hatte tatsächlich das Gefühl am Ende der Welt angekommen zu sein. Wir spazierten auf dem Nordkapplateau vorbei an der „Oscarsäule“, die 1873 zur Erinnerung des damaligen schwedischen Königs aufgestellt wurde und dessen Besuch auch als Beginn der Zeit des Massentourismus am Nordkap gilt. Wir gingen auf unserer kleinen Wanderung weiter – immer wieder den Blick in Richtung des steil aufragenden Felsens, der seinen Namen von dem englischen Seefahrer Richard Chancellor im Jahr 1553 erhalten hat. Kaum merkbar ist es völlig ruhig geworden, das Wetter hat sich verbessert und wir genießen die Zeit auf dem Felsplateau, bevor wir zum Massentourismus der Nordkapkapelle mit Bars, Restaurant, Kino und Andenkenläden zurückkehren. Natürlich sind auch wir Touristen und haben Spaß, uns gegenseitig mit den „Trollen“ zu fotografieren, die in der Mythologie von Norwegen als geheimnisvolle Naturbewohner gelten. Mit einigen lustigen Troll-Figuren im Gepäck ging es am Nachmittag zurück zu unserem Kreuzfahrtschiff, das dann wieder Kurs in Richtung Süden nahm.

Spektakulärer Sonnenuntergang und farbenfrohe Speicherhäuser

Auf der Reise zurück erlebten wir am dritten Seetag einen spektakulären Sonnenuntergang, der uns immer wieder auf das Promenadendeck zog und zum Fotografieren animierte. Es sollte für uns die richtige Einstimmung zum Besuch von Trondheim werden. Die drittgrößte Stadt Norwegens zeigte uns seine schönsten Gesichter, nicht zuletzt durch einen wunderschönen Sonnentag, an dem wir durch die rund 190.000 Einwohner zählende Stadt spazierten, die eher durch ihren Kleinstadt-Charme beeindruckt. Abseits jeglicher Großstadthektik lässt sich die Stadt mit dem imposanten Nidarosdom, dem norwegischen Nationalheiligtum, gut zu Fuß erkunden. Auf den Spuren der alten Wikinger bummelten wir entspannt durch das Viertel Bakklandet mit seinen bunten Holzhäusern über die alte Stadtbrücke Gamle Bybro und dem Blick auf das Wahrzeichen Trondheims, den farbenfrohen Speicherhäusern am Fluss Nidelva.

Schöner kann es nicht mehr werden, darin waren wir uns einig, als wir am Nachmittag zu unserem Schiff zurückkehrten, das entlang verzweigter Fjords am nächsten Tag in Alesund anlegten. Von unserer Balkonkabine aus, konnten wir die teilweise farbenfroh verzierten Jugendstilbauten sehen, doch wir verzichteten darauf, das malerische Städtchen zu erkunden. Auch die Werbung mit einem einmaligen Blick über die Stadt von dem Berg Sukkertoppen konnte uns nicht beeindrucken – wir hatten unser Ziel erreicht, wunderbare Tage und Sonnenuntergänge erlebt – jetzt war es Zeit, bald wieder zu Hause zu sein.

Landratten auf Sturmfahrt durch die Nordsee

Auf die Sturmfahrt durch die Nordsee am vierten Seetag hätten wir gerne verzichtet, aber so blieb uns die „Mein Schiff“-Reise auch damit Erinnerung, dass wir „Landratten“ sind. Das ein Schiff Wellenbewegungen des Meers mitgeht und auch Seitwärts-Schwankungen dazukommen können, hatten wir zwar geahnt, doch vergeblich darauf gehofft, dass uns das Gefühl der Seekrankheit erspart bleibt. Jetzt wussten wir auch die deutlichen Zeichen zu erkennen, dass Seegang bevorsteht: Papiertüten in den Treppenhäusern des Kreuzfahrtschiffs.

Es war aber auch Zeit zum Abschiednehmen. Die Crew verabschiedete sich im Theater auf Deck 6 und in der TUI-Bar drehten wir noch unsere letzten Tanzrunden zu den Klängen der uns so vertraut gewordenen Bordband. Schließlich war es uns egal, das im Tagesprogramm „Heute wird es nasskalt, es gibt Regen. Der Wind bläst stark, aus südwestlichen Richtungen“ angekündigt wurde. Am nächsten Morgen waren wir zurück im Hamburger Hafen und zügig erreichten wir den nächsten ICE in  Richtung Frankfurt, in dem wir glücklich auf eine gelungene Traumreise ans Ende der Welt zurückblicken konnten.

[tm-pg-gallery id=”696″][/tm-pg-gallery]