Wenn am Ende ein Anfang steht – Meine Geschichte mit dem Col de l’Iseran

Es ist ein schönes Gefühl, wenn man eine Reise beginnt und am Ziel angekommen ist. Einmal in meinem Leben begann ich eine Reise, die für mich erst 13 Jahre später endgültig endete.

Als ich an einem Morgen im März des Jahres 1999 mich in mein Auto setzte, um zu einer Reportage über eine Weltmeisterschaft im „Ski Archery“ nach Bessans in Frankreich zu fahren, ahnte ich nicht, dass ich an diesem Tag mein Ziel nicht erreichen werde.

Auf der „Route des Grandes Alpes“ immer weiter bergauf

Zunächst war es wie immer in diesen Jahren, als ich häufig mit dem Auto in Europa unterwegs war, um über Schießsportveranstaltungen zu berichten. Ich hatte mich mit der deutschen Nationalmannschaft verabredet, die mich am Zielort gegen Abend erwartete. Meine Routenplanung war ohne Zweifel etwas halbherzig und ich startete mit einem alten Reiseatlas – meine Ziele hatte ich bisher immer erreicht, auch wenn es manchmal etwas länger dauerte. Knapp 800 Kilometer sollten es sein und ich rechnete mit einer zehnstündigen Anfahrt, die mit der unerwarteten Sperre des Mont-Blanc-Tunnels einen ganz anderen Verlauf nahm.

Ich konnte meinem Routenplan nicht mehr folgen und die Straßenkarten, die ich dabei hatte, waren nicht besonders detailliert. Nach einigen Umwegen und Irritationen sah ich mich in Albertville wieder auf dem richtigen Weg. Es war ein schöner Frühlingstag,  an dem auf der „Route des Grandes Alpes“ immer weiter bergauf fuhr. Einer der Orte, durch die ich kommen sollte, war Val-d’Isère – den Namen kannte ich vom Skifahren, dort finden  ja immer die bekannten Weltcuprennen statt. Ich freute mich über den schönen Tag und einer Fahrt durch eine wunderschöne Landschaft, vorbei an Bourg St. Maurice und hinauf nach Val-d’Isère. Die Schilder am Straßenrand, die auf Sperrungen von Alpenpässen hinwiesen beachtete ich nicht – auch nicht, dass der Col de l’Iseran „ferme“ geschlossen war.

Zwischen Bourg St. Maurice und Val-d’Isère

Es war schon Abend geworden. Ich fuhr meinem Zeitplan weit hinterher, war mir aber sicher, dass ich spätestens um 21.00 Uhr bei der Ski-Archery-Nationalmannschaft in Bessans bin, denn von Val-d’Isère bis Bessans waren es laut meinem Routenplan nur noch knapp 40 Kilometer. Ich war ja in den Alpen und die Straßen wurden immer schmäler, dass hatte ich schon auf dem Abschnitt zwischen Bourg St. Maurice und Val-d’Isère bemerkt, doch jetzt war ich in dem berühmten Skiort, durch dessen Hauptstraße ich zügig weiter meinem Ziel entgegen fuhr. Das Ortschild hatte ich schon hinter mir gelassen und als Nächstes erwartete ich den Hinweis auf Bonneval-sur-Arc. Das war der nächste Ort auf meinem Plan, doch den Namen hatte ich auf den Straßenschildern noch gar nicht gelesen. Fünf Kilometer hinter Val-d’Isère, im Ortsteil Fornet wusste ich warum. „Road closed“ in Englisch geschrieben, bisher waren alle Hinweisschilder in Französisch. Ich hatte keine Ahnung, warum es hier nicht weiter gehen sollte – es war abends um 20.00 Uhr, weit und breit war kein Mensch zu sehen. Als mir klar wurde, dass es auch keine Umleitung gab, überkam mich das Gefühl, dass man kennt, wenn es nicht mehr weiter geht. Kurz: Ich war am Verzweifeln, was jetzt? In meiner ganzen Traurigkeit, dass ich mein Ziel nicht erreiche, ging ich einfach in das nächstbeste Hotel – vielleicht gab es ja eine Lösung für mein Problem. Im „L’Avancher“ erklärte mir eine Bedienung, dass es bis Bonneval-sur-Arc  über noch 200 Kilometer seien, da der Pass Col de l’Iseran im  Winter gesperrt ist.

Heute weiß ich, dass es sich um einen Teil der „Route des Grandes Alpes“ mit einer Höhe von 2.770 Meter handelt, auf der Steigungen zwischen sieben und zwölf Prozent zu bewältigen sind – da wollte ich im Winter (ich hatte ja Schneeketten dabei) drüber.

Die unfreiwillige Übernachtung in Val-d’Isère

Die unfreiwillige Übernachtung in Val-d’Isère war es aber, die das abrupte Ende der Reise zu einen Anfang machte. Mir gefiel es so gut im „L’Avancher“, dass es zum Ausgangspunkt dazu wurde, dass ich jedes Jahr nach Val-d’Isère zum Skifahren zurückkehrte. Bis ins Jahr 2012, da waren es die Feldbogen-Weltmeisterschaften, die der Anlass dazu waren, im Sommer nach Val-d’Isère zu fahren und am 12. August konnte ich endlich meine im März 1999 begonnene Reise beenden.

Der Col de l’Iseran war geöffnet und über den höchsten europäischen befahrbaren Gebirgspass – mitten durch das Skigebiet „Espace Killy“ – erreichte ich nach einem Zwischenstopp in Bonneval-sur-Arc  (einem der schönsten französischen Dörfer) endlich das Langlaufzentrum Bessans.

 Einen Eindruck vom Col de l’Iseran  und dem Dorf  Bonneval-sur-Arc vermittelt Ihnen die nachfolgende Bilderserie:

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